
Der Traum von Portrush – so ist es, auf dem Platz der diesjährigen British Open zu spielen
Weit draußen an Nordirlands karger Küste, wo der Wind an langen, sonnengebleichten Grashalmen zerrt und der Horizont in salzgeschwängerten Wolken verschwimmt, liegt ein Platz, der Geschichte und raue Schönheit atmet. Royal Portrush ist nicht bloß ein Test Deines Geschicks – er ist ein Duell zwischen Golfer und der Natur selbst.
Martin Hardenberger hat den diesjährigen British Open-Platz getestet.
Wir befinden uns an einem so abgelegenen Ort, dass er sich in vielerlei Hinsicht wie das Ende der Welt anfühlt. Es ist mehr als drei Stunden her, dass wir am Dubliner Flughafen das Auto gepackt und Kurs Richtung Norden genommen haben.
Jetzt ändern wir die Richtung, und die schmale Küstenstraße, die uns nach Westen führt, schlängelt sich um karge Felsen herum. Dann öffnet es sich, und da liegt er, ausgebreitet wie ein Kunstwerk mit seinen enormen Sanddünen. Von der Straße aus können wir jedes einzelne Loch auf dem Platz sehen, auf dem das älteste und traditionsreichste Turnier in diesem Sommer gespielt werden wird.
Nur wenige Wochen bevor hier The Open entschieden werden sollen, erhalte ich jetzt die Gelegenheit, auf Dunluce Links zu spielen, und es fühlt sich an, als würde ich die größte aller Bühnen betreten. Die blauen Tribünen sind mit einem Porträt von The Claret Jug geschmückt und stehen, wie so viele Male zuvor, für tausende von Zuschauern bereit. Fahnen flattern über den Fairways, und jedes Loch kündigt ein Drama an. Hier braucht es Mut und eine Portion Demut – denn die Aufgabe ist alles andere als leicht.
Ein Meisterwerk in der Ferne
Der Club wurde 1888 gegründet, und der Platz von Old Tom Morris entworfen, doch erst mit Harry Colts Renovierung im Jahr 1929 wurde Royal Portrush wirklich als Meisterwerk klassifiziert: Fairways, die mit der Landschaft fließen, die tiefen Bunker sind strategisch platziert und die Ausblicke sind unter den British Open-Plätzen eine Liga für sich.
Die riesigen Ablaufflächen erzeugen lange Schatten, und gigantische Sanddünen in Kombination mit dem breiten Strand verleihen Royal Portrush seinen einzigartigen, bildschönen Charakter.
Es ist ein Ort, an den Golfer pilgern, und ein Platz, der auf allen Listen zu den besten der Welt gezählt wird.
Calamity Corner – vermeide die Katastrophe
Trotzdem hat Portrush auf seinen Platz im Rampenlicht warten müssen. Erst nach jahrelanger Lobbyarbeit und vielen Kompromissen wurden 1951 The Open hier gespielt. Logistik und Politik sorgten dann dafür, dass der Platz ganze 68 Jahre nicht in The Open-Rotation kam, bis die R&A 2019 zurückkehrte. Damals wurden Verbesserungen gefordert – und der Club hat geliefert. Zwei neue Löcher wurden von Martin Ebert entworfen, die Platzanlage verändert und das Finish verstärkt. Calamity Corner, eines der berühmtesten Par 3- Löcher trägt jetzt die Nummer 16.
Hier steht man, der Wind peitscht von rechts, eine Schlucht öffnet sich zum Atlantik, und es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten: entweder man trifft das Grün oder trägt einen Doppelbogey auf der Scorekarte ein. Viele haben hier ihre Träume begraben, doch der legendäre Bobby Locke fand seine eigene Lösung – eine Ablauffläche direkt links vom Grün. Während des Turniers von 1951 gelang es ihm, bei sämtlichen vier Runden von hier aus Par zu spielen – weshalb der Ort im Volksmund Locke’s Hollow genannt wird.
In diesem Jahr werden The Open erst zum dritten Mal hier ausgetragen. Und vielleicht trägt die Aura von Unzugänglichkeit zur Mystik bei.
Doch nicht nur das Golfen macht Eindruck. Die Ruinen von Dunluce Castle, die dem Platz seinen Namen verliehen haben, wachen von der Klippe bis zum fünften Loch. Und nur wenige Minuten entfernt wartet der Giant’s Causeway – ein geologisches Wunder in Form von hexagonalen Steinsäulen, umgeben vom Mythos irischer Riesen.
Für mich ist das Erlebnis weit mehr als nur Golf: Das Gewicht der Geschichte in jedem Schlag zu spüren, die Tränen von Rory McIlroy und die wilde Freude von Shane Lowry zu verstehen. Für einen Tag am selben Abschlag wie die Helden zu stehen – und zu sehen, ob es mein Spiel mit dem Wind des Atlantiks aufnehmen kann.
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